DREI AKTIVIST(INN)EN ZUM THEMA BÜRGERBETEILIGUNG IM INTERVIEW

Die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern bei wichtigen Entscheidungen zur Entwicklung unserer Gemeinde ist uns sowie der Stadtgemeine Wolkersdorf eine Herzensangelegenheit. So können durch Bürgerbeteiligung Themen oder Projekte ausgearbeitet oder der Gemeinderat bei Entscheidungsprozessen unterstützt werden. In den letzten beiden Jahren gab es neben dem BürgerInnenrat zum Thema „Bodenverbrauch und Bodenversiegelung“ auch das Event Climathon sowie die grenzüberschreitende Workshopreihe „Klimafit werden“. Wir konnten drei BürgerInnen unserer Gemeinde interviewen, welche uns tiefere Einblicke in die Bürgerbeteiligung in Wolkersdorf geben. Wir wollten wissen, warum sich Bürgerinnen und Bürger dazu entscheiden, sich in solchen Formaten zu engagieren, was deren Anliegen ist und wie sie Bürgerbeteiligung in der Zukunft sehen.

Alexandra Fischer wohnt in Wolkersdorf und ist Mutter von zwei Kindern, Benjamin Hermé wohnt in Obersdorf und ist Vater von drei Kindern. Beide haben 2022 bei der Workshopreihe „Klimafit werden“ mitgewirkt und im Zuge dessen Projekte entwickelt.

Was hat euch dazu bewegt sich bei diesem Format zu beteiligen?

Alexandra Fischer (AF): Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich nie auf Klimademos gehen konnte, daher war es naheliegend mich so zu beteiligen. Wenn mich mal meine Kinder fragen, was hast du in der Gemeinde eigentlich gegen die Klimakrise getan, kann ich zumindest sagen, dass ich auf diese Weise mitgestaltet habe.

Benjamin Hermé (BH): Das Thema an sich hat mich interessiert … Klimafit werden! Es hat mich gefreut, dass so etwas von Seiten der Gemeinde organisiert wird.

Hat dir diese Form der Beteiligung gefallen?

AF: Ich fand es sehr schön, dass es durchgemischte Gruppen waren und ExpertInnen zu diversen Themen ihr Fachwissen zu unseren Projektideen geteilt haben.

BH: Super war, dass wir Gruppen gebildet haben und gemeinsam an Themen arbeiten konnten. Die Vorstellung der ExpertInnen zu unterschiedlichen Themen war gut. Es wurden einige Projekte erarbeitet, wovon sich manche nun schon in Umsetzung befinden.

Bei welchem der ausgearbeiteten Themen warst du beteiligt?

AF: Meine Gruppe hat sich der Umgestaltung des Geländes des ehemaligen Minigolfplatzes in Obersdorf angenommen. Das Projekt wurde nun von der Gemeinde übernommen und die Projektleitung liegt hier beim Obersdorfer Ortsvorsteher Franz Hirschbüchler. Von dem, was ich bis jetzt gehört habe, dass es naturnah gestaltet sein soll, entspricht es meinen Vorstellungen. Ich bin gespannt, wie es dann genutzt wird und welche Nutzergruppen sich dann dort aufhalten. Uns war aber auch wichtig, dass eine Art Lehrpfad zur Bewusstseinsbildung im Bereich Biodiversität integriert wird. Die Bewusstseinsbildung spiegelt sich dann auch in der Gruppe von Benjamin Hermé sowie in einem Punkt des BürgerInnenrates wider.

BH: Meine Gruppe hat sich mit der Bewusstseinsbildung zum Thema Klimawandel und Biodiversitätsförderung in der Bevölkerung beschäftigt. Daraus ist dann das „Wilde Wolkersdorf“ entstanden, welches jetzt schon auf Infotafeln zu Blumenwiesen im Gemeindegebiet zu finden ist. Auch eine Tafel zur Beetpatenschaft ist in unserer Gruppe entwickelt worden, welche es nun bei der Gemeinde abzuholen gibt. Wir möchten damit die Bürgerinnen und Bürger aufrufen, Umweltschutz vor der eigenen Haustüre zu betreiben.

Was nehmt ihr für euch aus der Bürgerbeteiligung mit?

AF: Ideen werden gehört und es passiert auch etwas mit den Ideen. Wichtig war für mich, dass es eine unparteiische Veranstaltung ist.

BH: Positiv ist, dass etwas daraus geworden ist, dass unsere Ideen ernst genommen wurden.

Wie empfandet ihr die Stimmung in euren Gruppen?

AF: Wir waren vier Personen in unserer Gruppe. Die Stimmung war in dieser bunt gemischten Gruppe sehr gut, spannend und es hat Spaß gemacht. Wir haben uns auch nach den Workshops noch zwei Mal getroffen und übers Projekt geredet.

BH: Sehr gut, hat gepasst.

Was würdet ihr euch für die Zukunft wünschen?

AF: Gerne mehr davon und mehr Möglichkeiten, sich einzubringen. Es ist gut, wenn die Gemeinde so etwas anbietet. Man merkt das Thema Klimawandel wird in Wolkersdorf ernst genommen und das ist beruhigend.

BH: Ich wünsche mir, dass die Meinung von Bürgerinnen und Bürgern ernst genommen wird. Das Negativbeispiel dazu war der Platz der Generationen, da stimmten die Bürger dagegen, aber es wurde nicht ernst genommen. Es soll unbedingt weiterhin Bürgerbeteiligungen geben.

Findet ihr, dass die Stadtgemeinde Wolkersdorf bezüglich Bürgerbeteiligung genug macht?

AF: Ja, die Gemeinde ist hier sehr aktiv dabei.

BH: Genug macht man nie, es ist besser als es früher war. Man muss aber auch die Zeit dafür finden. Ich verstehe aber auch, dass es manche Bürgerinnen und Bürger nicht interessiert.

Wo würdet ihr euch noch mehr Einbeziehung der BürgerInnen wünschen? Welche Entscheidungen wären wichtig, bei denen BürgerInnen mit einbezogen werden sollen?

AF und BH: Bei lokalen Situationen der Ortsgestaltungen, dem Ortsbild, Infrastruktur und auch bei Erweiterungen von Siedlungsräumen wäre eine Beteiligung wünschenswert. Wichtig ist aber immer, dass die Beteiligten Wissen zu diversen Themen durch ExpertInnen als Unterstützung erlangen.
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Nicole Reiss wohnt in Obersdorf und ist Mutter von zwei Kindern. Sie war eine von 18 TeilnehmerInnen (aus insgesamt 130 angemeldeten Personen), die für den BürgerInnenrat zum Thema „Bodenverbrauch und Bodenversiegelung“ ausgewählt wurde.

Was hat dich dazu bewegt, dich bei diesem Format zu beteiligen?

Nicole Reiss (NR): In Europa ist Österreich Spitzenreiter beim Bodenverbrauch. Ich wollte meine Meinung dazu einbringen, denn mit Boden wird viel zu wenig sorgsam umgegangen.

War dir das Thema des Bodenverbrauchs immer schon ein wichtiges Anliegen?

NR: Ich baue selbst viel Gemüse an, vielleicht macht mir das auch bewusst, wie wichtig Boden ist, weil ich direkt mit Boden arbeite. Es wäre schade, wenn wir jegliche Ernährungssouveränität verlieren.

Hat dir diese Form der Beteiligung gefallen?

NR: Ja, mir hat es sehr gut gefallen. Ich fand, dass der gesamte Prozess gut moderiert wurde. Wesentlich waren die Expertenvorträge. Der Wissensstand wurde auf ein ähnliches Niveau gehoben und es waren für uns alle sehr viele Aha-Momente dabei. Zum Beispiel, dass sich die Bodenbonität durch den Klimawandel wesentlich verändern wird und etwa das Marchfeld durch Trockenheit weniger fruchtbar wird. Und dass oft die fruchtbarsten Böden mit Gewerbegebieten bebaut werden. Diese Erkenntnisse waren wesentlich für das Setzen unserer Maßnahmen und Prioritäten im Rat.

Was nimmst du für dich aus der Bürgerbeteiligung mit?

NR: Einiges an zusätzlichem Fachwissen durch die Expertenvorträge und ein Wow, was eine heterogene Gruppe an Leuten zustande bringen kann. Wir hatten viele Diskussionen, die Moderation war super und jeder hat sich mitgenommen und ernst genommen gefühlt. Wir sind bei Punkten auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, bei denen es oft am Anfang nicht so ausgesehen hat.

Wie empfandst du die Stimmung in der Gruppe?

NR: Sehr konstruktiv und lösungsorientiert, sicher auch dank der Moderation. Es war intensiv, aber ich habe es nicht bereut.

Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?

NR: Ich wünsche mir, dass der Maßnahmenkatalog des BürgerInnenrats in den diversen Gremien diskutiert und so viel wie möglich umgesetzt wird. Dass ernst genommen wird, was erarbeitet wurde.

Findest du, dass die Stadtgemeinde Wolkersdorf bezüglich Bürgerbeteiligung genug macht?

NR: Zumindest die letzten zwei Jahre war doch einiges dabei. Ich würde mir wünschen, dass es auch in Zukunft rege Möglichkeiten zur Beteiligung gibt.

Wo würdest du dir noch mehr Einbeziehung der BürgerInnen wünschen? Welche Entscheidungen wären wichtig, bei denen BürgerInnen mit einbezogen werden sollen?


NR: Zum Beispiel die Umgestaltung des Platzes der Generationen wäre interessant. Was wünschen sich dort die AnrainerInnen?

Vielen Dank euch dreien für euren Einsatz und den kleinen Einblick zu eurer Meinung zu Bürgerbeteiligung in unserer Gemeinde! «